Allgemeinverfügung – Aufstallungspflicht für Geflügel im gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald
Im Gebiet des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald und in angrenzenden Landkreisen sind mehrere Vögel an einer Infektion der aviären Influenza (Geflügelpest) verendet.
Auf Grund von Art. 70 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2016/429, § 6 Abs. 2, §7 Abs. 5, § 13 Abs. 1 und 2 sowie § 65 der Geflügelpest-Verordnung (GeflPestV), i.V.m. § 38 Abs. 11 und § 6 Abs. 1 des Tiergesundheitsgesetzes (TierGesG), § 4 der Viehverkehrsverordnung (ViehVerkV) und § 2 Abs. 2 des Tiergesundheitsausführungsgesetzes (TierGesAG) erlässt das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald folgende
A l l g e m e i n v e r f ü g u n g
I. Anordnung
- Alle Geflügelhalter auf dem Gebiet der Städte Löffingen, Titisee-Neustadt und der Gemeinden Breitnau, Buchenbach, Eisenbach (Hochschwarzwald), Feldberg, Friedenweiler, Glottertal, Gundelfingen, Heuweiler, Hinterzarten, Kirchzarten, Lenzkirch, Münstertal, Oberried, Schluchsee, St. Märgen, St. Peter, Stegen im Landkreise Breisgau-Hochschwarzwald haben mit sofortiger Wirkung das Geflügel aufzustallen.
Dies gilt sowohl für private als auch gewerbliche Haltungen.
Zum Geflügel zählen u.a. Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasanen, Wachteln, Enten, Gänse, Strauße, Emus und Nandus.
Geflügel darf danach nur
- in geschlossenen Ställen, oder
- unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung und einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenbegrenzung bestehen muss,
gehalten werden.
Abdeckungen aus Netzen oder Gittern dürfen eine Maschenweite von maximal 25 mm aufweisen.
In begründeten Einzelfällen können gem § 13 Abs. 3 GeflPestV auf Antrag Ausnahmen von dieser Pflicht erteilt werden.
- Für Geflügelhaltungen bis einschließlich 1.000 Stück Geflügel hat der Tierhalter folgende Biosicherheitsmaßnahmen einzuhalten:
- Ein- und Ausgänge zu den Ställen oder sonstigen Standorten des Geflügels sind gegen unbefugten Zutritt zu sichern.
- Die Ställe oder die sonstigen Standorte des Geflügels sind von betriebsfremden Personen nur mit betriebseigener Schutzkleidung oder Einwegschutzkleidung zu betreten; diese Personen haben die Schutz- oder Einwegschutzkleidung nach Verlassen des Stalles oder sonstigen Standortes unverzüglich abzulegen.
- Die Schutzkleidung ist nach Gebrauch unverzüglich zu reinigen und zu desinfizieren; Einwegschutzkleidung ist nach Gebrauch unverzüglich unschädlich zu beseitigen.
- Nach jeder Einstallung oder Ausstallung von Geflügel sind die dazu eingesetzten Gerätschaften sowie der Verladeplatz und frei gewordenen Stallungen zu reinigen und zu desinfizieren.
- Eine ordnungsgemäße Schadnagerbekämpfung ist durchzuführen; über Durchführungen sind Aufzeichnungen zu machen.
- Eine betriebsbereite Einrichtung zum Waschen von Händen sowie eine Einrichtung zum Wechseln und Ablegen der Kleidung und zur Desinfektion der Schuhe ist vorzuhalten.
- Fahrzeuge, Maschinen und sonstige Gerätschaften, die in der Geflügelhaltung eingesetzt werden und in mehreren Ställen oder mehreren Betrieben gemeinsam genutzt werden, sind vor der Benutzung in einem anderen Stall oder im abgebenden Betrieb vor der Abgabe zu reinigen und zu desinfizieren.
- Der Raum, der Behälter oder die sonstigen Einrichtungen zur Aufbewahrung von verendetem Geflügel ist nach jeder Abholung, mindestens jedoch einmal im Monat, zu reinigen und zu desinfizieren.
- Das Tränken mit Dach- und Oberflächenwasser, zu dem Wildvögel Zugang haben, ist verboten. Das Geflügel darf nur an Stellen gefüttert werden, die für Wildvögel unzugänglich sind. Futter und Einstreu sind für Wildvögel unzugänglich zu lagern.
Die Regelungen nach Nr. 2 a) – i) gelten für Geflügelhaltungen über 1.000 Stück Geflügel bereits aufgrund § 3 und § 6 Abs. 1 der Geflügelpest-Verordnung.
- Geflügelausstellungen, Geflügelmärkte und Veranstaltungen ähnlicher Art sind in den betroffenen Kommunen in geschlossenen Räumlichkeiten durchzuführen.
- Die unter Ziffer I. Nr. 1.-3. getroffenen Regelungen zur Beschränkung des Personenverkehrs und zur Reinigung, Desinfektion und Entwesung sind gemäß
§ 37 S. 1 Nr. 7 und 8 TierGesG sofort zu vollziehen; für die übrigen getroffenen Regelungen wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die sofortige Vollziehung angeordnet.
- Diese Allgemeinverfügung gilt gem. § 41 Abs. 4 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) am Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben. Die Veröffentlichung erfolgt auf der Internetseite des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald.
- Sie ist befristet bis zum Ablauf des 31. März 2023, solange keine öffentliche Bekanntgabe einer Fristverlängerung erfolgt.
II. Hinweise
- Somit besteht zusammen mit der Allgemeinverfügung des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald vom 27.02.2023, mit der bereits im westlichen Teil des Landkreises eine Aufstallungspflicht angeordnet wurde, nunmehr eine Verpflichtung zur Aufstallung für Geflügel im gesamten Gebiet des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald.
- Auf die Vorgaben gemäß § 3 und § 4 Abs. 1 Nr. 1 GeflPestV hinsichtlich der allgemein geltenden Vorgaben zur Fütterung und Tränkung sowie zur Früherkennung bei gehäuften Verlusten wird hingewiesen. Auf die Pflichten des Unternehmers (Tierhalters) nach Art. 10 der Verordnung (EU) 2016/429, insbesondere zur Minimierung des Risikos hinsichtlich der Ausbreitung von Tierseuchen und zur Verpflichtung ggf. geeignete Maßnahmen zum Schutz von biologischen Gefahren gegen wildlebende Tiere zu ergreifen, wird hingewiesen.
- Alle Geflügelhalter, die ihrer Pflicht zur Meldung des gehaltenen Geflügels bisher noch nicht nachgekommen sind, haben die Haltung von Geflügel unverzüglich beim Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald, Fachbereich 390, Veterinärwesen & Lebensmittelüberwachung anzuzeigen. Dies gilt ebenso für die Abmeldung aufgegebener Geflügelhaltungen.
- Geflügelhalter haben, unabhängig von der Größe des Betriebs, die Zu- und Abgänge von Geflügel sowie die Legeleistung und die Anzahl der verendeten Tiere zu dokumentieren. Grundlage hierfür sind Art. 102 der Verordnung (EU) 2016/429 sowie Art. 22 (Zu- und Abgänge) und Art. 25 (Produktionsleistung/ Morbiditätsrate) der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2035.
Auf die Vorgaben gemäß § 2 Abs. 2 GeflPestV wird hingewiesen.
- Der Besitzer hat Falltiere (verendete Tiere) u.a. so aufzubewahren, dass Menschen nicht unbefugt und Tiere nicht mit diesen in Berührung kommen können (§ 10 Abs. 1 Tierische Nebenproduktebeseitigungsgesetz (TierNebG). Die Tierkörper oder Tierkörperteile unterliegen der Verpflichtung zur unschädlichen Beseitigung (§ 3 TierNebG).
- Für den Transport verwendete Behältnisse und Gerätschaften sind nach jedem Transport, spätestens jedoch nach Ablauf von 29 Stunden seit Beginn des Transportes zu reinigen und zu desinfizieren (§ 17 Abs. 1 ViehVerkV).
- In begründeten Fällen kann die zuständige Behörde (Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald, FB 390, Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung) gem. § 13 Abs. 1 S. 2 GeflPestV für bestimmte Haltungen oder Örtlichkeiten Ausnahmen von der Aufstallungspflicht erteilen.
- Ordnungswidrig im Sinne des § 64 Nr. 14b GeflPestV und des § 32 Abs. 2 Nr. 3 TierGesG handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig dieser Allgemeinverfügung zuwiderhandelt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden.
III. Begründung
1. Sachverhalt
Am 20.02.2023 wurde auf dem Gebiet der Stadt Breisach am Rimsinger Baggersee eine kranke Möwe gefunden, die kurze Zeit später auf Grund der Erkrankung verendet ist. Sie wurde zur Untersuchung auf Geflügelpest an das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Freiburg übermittelt. Hierbei wurde das hochpathogene aviäre Influenzavirus (HPAIV) festgestellt. Daraufhin wurden Proben an das Nationale Referenzlabor für aviäre Influenza, das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), Insel Riems gesandt. Am 24.02.2023 bestätigte das FLI in dieser Probe das hochpathogene aviäre Influenzavirus vom Subtyp H5N1. Daraufhin wurde der Ausbruch der Geflügelpest bei Wildvögeln am 27.02.2023 durch das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald, FB 390, Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung als untere Tiergesundheitsbehörde amtlich festgestellt. Inzwischen wurden weitere Proben von verendeten Wildvögeln aus dem Landkreis zur Abklärung an das FLI gesendet. Am 09.03.2023 stellte die untere Veterinärbehörde des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald in einem Geflügelhaltungsbetrieb in Hinterzarten bei 12 verendeten Legehennen den Verdacht auf Geflügelpest fest. Der Verdacht wurde am 10.03.2023 durch das CVUA Freiburg vorläufig bestätigt.
Bereits am 30.01.2023 wurde in Weil am Rhein eine verendete Möwe aufgefunden und durch das Landratsamt Lörrach zur Untersuchung auf die Geflügelpest an das CVUA Freiburg übermittelt. Hierbei wurde das hochpathogene aviäre Influenzavirus (HPAIV) festgestellt. Daraufhin wurden Proben an das Nationale Referenzlabor für aviäre Influenza, das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), Insel Riems, gesandt. Am 07.02.2023 bestätigte das FLI in dieser Probe das hochpathogene aviäre Influenzavirus vom Subtyp H5N1. Daraufhin wurde der Ausbruch der Geflügelpest bei Wildvögeln am 07.02.2023 durch das Landratsamt Lörrach, Fachbereich Veterinärwesen & Lebensmittelüberwachung als untere Tiergesundheitsbehörde amtlich festgestellt.
In der Folge wurden noch weitere verendete Möwen aufgefunden.
Am 03.02.2023 wurde im Stadtkreis Freiburg am Dietenbachsee ein verendeter Schwan aufgefunden. Nach einer ersten positiven Beprobung beim CVUA Freiburg wurde die Probe am 07.02.2023 zur weiteren Untersuchung an das FLI gesandt. Am 07.02.2023 bestätigte das FLI in dieser Probe das hochpathogene aviäre Influenzavirus vom Subtyp H5N1. Daraufhin wurde der Ausbruch der Geflügelpest bei Wildvögeln am 13.02.2023 durch das Amt für öffentliche Ordnung der Stadt Freiburg als untere Tiergesundheitsbehörde amtlich festgestellt.
In der Folge verendete am Dietenbachsee noch eine Nilgans an der Geflügelpest.
Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine Tierseuche der Kategorie A gemäß Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882. Bei Tierseuchen der Kategorie A werden obligatorische Sofortmaßnahmen getroffen.
Am 08.02.2023 hat das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) seine Risikoeinschätzung zum Auftreten von HPAIV H5 in Deutschland aktualisiert (aktuelle Fassung abrufbar unter: https://www.fli.de/de/aktuelles/tierseuchengeschehen/aviaere-influenza-ai-gefluegelpest/). In dieser Risikobewertung werden das Risiko der Ausbreitung in Wasservogelpopulationen Deutschlands und Europas und das Risiko des Eintrags in deutsche Nutzgeflügelhaltungen und Vogelbestände in zoologischen Einrichtungen über Wildvögel als hoch eingeschätzt. Der Nachweis von HPAIV ist auch bei klinisch gesund beprobten Enten erfolgt, es ist daher davon auszugehen, dass die infizierten Tiere noch längere Strecken zurücklegen können und das Virus verbreiten. Das FLI empfiehlt in seiner Risikoeinschätzung u.a. die Umsetzung strenger Biosicherheitsmaßnahmen in Geflügelbetrieben sowie die risikobasierte Einschränkung der Freilandhaltung (Aufstallung).
Vom 01.01.2023 bis 06.02.2023 wurden in Deutschland 19 HPAI-Ausbrüche bei Geflügel einschließlich nicht gewerblicher Geflügel-Haltungen gemeldet. Alle Ausbrüche wurden vom Subtyp H5N1 verursacht.
Das FLI schätzt derzeit (Stand 08.02.2023) das Risiko der Einschleppung von HPAI in Hausgeflügel- und Wildvogelbestände als hoch ein.
Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat zur landeseinheitlichen Umsetzung der erforderlichen Biosicherheitsmaßnahmen eine Allgemeinverfügung erlassen, die seit dem 21.01.2023 in Kraft ist.
2. Rechtliche Würdigung
Nach § 2 Abs.1 Nr.3 und Abs.2 S.1 und § 4 Abs. 1 TierGesAG ist die untere Tiergesundheitsbehörde des Landratsamtes Breisgau-Hochschwarzwald sachlich und örtlich zuständig für den Erlass dieser Allgemeinverfügung.
Zu Ziffer I. Nr. 1:
Die zuständige Behörde ergreift bei Auftreten einer gelisteten Seuche bei wildlebenden Tieren die erforderlichen Seuchenpräventions- und Bekämpfungsmaßnahmen.
Die Anordnung der Aufstallung des Geflügels unter Nummer 1 des Tenors erfolgt auf Grundlage des Art. 70 Abs. 1 Buchstabe b) und Abs. 2 i.V. m. § 55 Abs. 1 Buchstabe d) der Verordnung (EU) 2016/429 und des § 13 Abs. 1 S. 1 der GeflPestV in Verbindung mit § 38 Absatz 11 und § 6 Absatz 1 Nummer 11a TierGesG.
Gemäß Art. 70 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 Buchstabe d) und Artikel 65 Abs. 1 Buchstabe i) der Verordnung (EU) 2016/429 ergreift die zuständige Behörde bei Verdacht oder amtlicher Bestätigung des Auftretens der hochpathogen aviären Influenza (Geflügelpest) bei Wildvögeln die erforderlichen Seuchenpräventions- und -bekämpfungsmaßnahmen, um eine Ausbreitung des Virus auf Geflügel zu verhindern.
Als eine solche Seuchenpräventionsmaßnahme ist die Isolierung der für die Geflügelpest empfänglichen Arten anzuordnen, wenn damit der Kontakt zwischen Wildvögeln und Geflügel und damit eine Ausbreitung in den Bestand vermieden wird. Als einzig wirksame Maßnahme dafür ist die Anordnung der Aufstallung für Geflügel nach § 13 Abs. 1 der GeflPestV erforderlich.
Gemäß § 13 Abs. 1 S. 1 der GeflPestV ordnet die zuständige Behörde eine Aufstallung des Geflügels an, soweit dies auf der Grundlage einer Risikobewertung zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel erforderlich ist. Die Behörde hat im Rahmen von § 13 Abs. 1 S. 1 der GeflPestV kein Ermessen, sondern muss die Aufstallung anordnen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen.
Für die Risikobewertung sind gemäß § 13 Abs. 2 GeflPestV zu berücksichtigen
- die örtlichen Gegebenheiten einschließlich der Nähe zu einem Gebiet, in dem sich wildlebende Wat- und Wasservögel sammeln, rasten oder brüten,
- das sonstige Vorkommen oder Verhalten von Wildvögeln,
- die Geflügeldichte oder
- der Verdacht auf Geflügelpest oder der Ausbruch der Geflügelpest in einem Kreis, den an einen Kreis angrenzt, in dem eine Anordnung nach Absatz 1 getroffen werden soll.
Zu berücksichtigen ist ferner, soweit vorhanden, eine Risikobewertung des Friedrich-Loeffler-Institutes. Weitere Tatsachen können der Risikobewertung zu Grunde gelegt werden, soweit dies für eine hinreichende Abschätzung der Gefahrenlage erforderlich ist. Diese genannten Kriterien entsprechen den Vorgaben des Artikel 70 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/429, wonach dem Seuchenprofil, den betreffenden wildlebenden Tieren und der Gefahr der Übertragung der Seuchen auf Tier und Mensch Rechnung zu tragen ist.
Durch die amtliche Feststellung des Ausbruches der Geflügelpest bei Wildvögeln im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald und die amtliche Feststellung des Ausbruchs der Geflügelpest im Landkreis Lörrach und im Stadtkreis Freiburg ist die Erforderlichkeit der Aufstallung von Geflügel zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel im Sinne des § 13 Abs. 1 der GeflPestV gegeben. Dies wird in der aktuellen Einschätzung des Friedrich-Loeffler-Instituts vom 08.02.2023 bestätigt. Hinzu kommt, dass die Wasservogelpopulationen in Abhängigkeit von der Witterung in Europa und damit vom Zufrieren oder Auftauen von Gewässern auch im Winter sehr mobil sind. In dem Gutachten des Friedrich-Löffler-Instituts wird das Risiko des Eintrags von Geflügelpest des Subtyps H5 durch Wildvögel in Nutzgeflügelbestände bundesweit als hoch eingeschätzt und neben der konsequenten Durchsetzung von Vorsorgemaßnahmen (insbesondere der Biosicherheit) empfohlen, Geflügel risikobasiert aufzustallen.
Aufgrund des genannten Gutachtens sowie des amtlich festgestellten Ausbruchs der Geflügelpest bei Wildvögeln im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, im Landkreis Lörrach und im Stadtkreis Freiburg hat die Risikobewertung zu dem Ergebnis geführt, dass es mit Allgemeinverfügung des Landratsamtes Breisgau-Hochschwarzwald vom 27.02.2023 erforderlich war, Geflügel in allen vom Ausbruch betroffenen oder daran angrenzenden Gemeinden im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald aufzustallen.
Hierbei wurden außerdem die Fundorte der verendeten Wildvögel im Stadtkreis Freiburg und im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald ebenso berücksichtigt, wie die räumliche Nähe zu gefährdeten Wasserflächen. Nachdem es am 09.03.2023 in einem Geflügenhaltungsbetrieb im östlichen Teil des Landkreises, in Hinterzarten, zu einem Verdachtsfall des Ausbruchs der Geflügelpest gekommen war, wurde es erforderlich auch die mit Allgemeinverfügung vom 27.02.2023 noch nicht erfassten restlichen Städte und Gemeinden des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald der Aufstallungspflicht zu unterwerfen. Dies insbesondere deshalb, weil aufgrund der örtlichen Gegebenheiten bei dem Geflügelhaltungsbetrieb in Hinterzarten und der epidemiologischen Erkenntnisse (kein Zukauf von Geflügel) der dringende Verdacht besteht, dass der Eintrag der Geflügelpest durch Wildvögel erfolgte.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es erforderlich, Kontakte zu Wildvögeln in jeglicher Form zu minimieren und wenn möglich zu verhindern. Geflügel in Freilandhaltungen hat im Vergleich zu ausschließlich im Stall gehaltenem Geflügel weitaus größere Möglichkeiten, mit diversen Umweltfaktoren – hier insbesondere mit dem Kot von infizierten Wildvögeln – in Kontakt zu geraten. Die präventive Aufstallung von Geflügel ist geboten, um ein Übergreifen der Geflügelpest auf Nutzgeflügelbestände zu verhindern und damit die Tiergesundheit und die tierische Erzeugung sowie den Handel von Eiern und Geflügelfleisch als hochwertigen Lebensmitteln in Baden-Württemberg nicht zu gefährden und gleichzeitig unnötige Schmerzen, Leiden und Schäden der Tiere durch Seuchenausbrüche zu vermeiden.
Die Übertragung von Influenzaviren bei Geflügel erfolgt vor allem durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder durch Kontakt mit Kot und anderweitig viruskontaminierten Materialien wie etwa Einstreu, Gerätschaften, Schuhwerk oder Schutzkleidung. Unter der Vielzahl von in Betracht kommenden Faktoren sind auch Wildvögel als Eintragsquelle zu berücksichtigen. Virushaltige Ausscheidungen von Wildvögeln können jederzeit z.B. Wasser, Futtermittel und Einstreu mit Geflügelpestviren kontaminieren, wenn Geflügel im Auslauf gehalten wird.
Die unter Ziffer I. Nr. 1 genannte Aufstallung ist geeignet, das Risiko derartiger Übertragungswege zu minimieren und eine Infektion von Hausgeflügel mit dem aviären Influenzavirus zu verhindern. Die Aufstallung ist erforderlich, da kein anderes, milderes Mittel zur Verfügung steht, welches zur Zweckerreichung gleichermaßen geeignet ist. Die Anordnung ist auch angemessen, da die wirtschaftlichen Nachteile, welche die betroffenen Tierhalter durch die Aufstallung erleiden, im Vergleich zum gesamtwirtschaftlichen Schaden, der durch einen einzigen Geflügelpestausbruch für die gesamte Geflügel- und Lebensmittelwirtschaft in Baden-Württemberg entstehen kann, nachrangig sind. Insofern überwiegt das öffentliche Interesse an der Aufstallung die privaten Interessen der betroffenen Tierhalter.
Zudem sind Ausnahmen von der Aufstallungspflicht im Einzelfall unter Genehmigungsvorbehalt und weiteren Auflagen zur Risikominimierung möglich, sofern die Aufstallung wegen der bestehenden Haltungsverhältnisse nicht möglich oder eine artgerechte Haltung erheblich beeinträchtigt ist (z.B. Laufvögel, Wassergeflügel). Die dabei erforderlichen virologischen Untersuchungen nach § 13 Abs. 5 S. 1 der Geflügelpest-Verordnung haben in einer von der zuständigen Behörde bestimmten Untersuchungseinrichtung zu erfolgen.
Zu Ziffer I. Nr. 2:
Die Anordnung der Maßnahmen unter Ziffer I. Nr. 2 dieser Allgemeinverfügung dient der Seuchenprävention und Bekämpfung gemäß Art. 70 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 2 in Verbindung mit Artikel 55 Absatz 1 Buchstabe c und e der Verordnung (EU) 2016/429. Sie erfolgt ergänzend zu § 3 und § 6 Abs. 1 der GeflPestV für kleinere Geflügelhaltungen mit bis zu einschließlich 1.000 Tieren. Die Anordnungen stützen sich auf § 3 und § 6 Abs. 2 der GeflPestV. Danach kann die zuständige Behörde für kleinere Bestände Schutzmaßnahmen nach § 6 Abs. 1 der GeflPestV anordnen, soweit dies aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung erforderlich ist.
Da die Übertragung von Influenzaviren bei Geflügel vor allem durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder durch Kontakt mit Kot und anderweitig viruskontaminierten Materialien wie etwa Einstreu, Gerätschaften, Schuhwerk oder Schutzkleidung erfolgt, ist es erforderlich, die Geflügelhaltungen in den Risikogebieten des Landkreises zu schützen und den Eintrag oder die Verschleppung des Virus in bzw. aus Nutzgeflügelbestände zu vermeiden. Die Anordnung der unter Ziffer I. Nr. 2 dieser Allgemeinverfügung genannten Maßnahmen, wie das Vorhalten von Einrichtungen zur Schuhdesinfektion und zum Händewaschen, die Verwendung von Schutzkleidung und die Durchführung von Desinfektionsmaßnahmen sind geeignet, das Risiko des Eintrags von Geflügelpestvirus in Geflügelhaltungen bzw. dessen Verbreitung zu vermindern. Die Gefahr eines Erregereintrags wird durch entsprechende Biosicherheitsmaßnahmen reduziert. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gelten diese Anforderungen unabhängig vom Seuchengeschehen dauerhaft nur für größere Betriebe. Infolge des derzeitigen erhöhten Eintragsrisikos durch die nachgewiesenen Geflügelpestinfektionen in der Wildvogelpopulation sind diese Anforderungen auch an kleine Betriebe zu stellen, um die im Falle des Seuchenausbruches für alle Betriebe geltenden Bekämpfungs- und Restriktionsmaßnahmen möglichst abzuwenden.
Zu Ziffer I. Nr. 3:
Die Anordnung der Durchführung von Geflügelausstellungen, Geflügelmärkten und Veranstaltungen ähnlicher Art in geschlossenen Räumen unter Ziffer I. Nr. 3 der Allgemeinverfügung dient der Seuchenprävention und Bekämpfung gemäß Art. 70 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 Buchstabe c und d der Verordnung (EU) 2016/429. Sie erfolgt auf der Grundlage des § 7 Abs. 5 Nr. 1 Buchstabe a) der GeflPestV und ergänzt die präventive Aufstallung unter Ziffer I. Nr. 1 zur Vermeidung bzw. Reduzierung des Risikos eines Erregereintrags. In Gebieten mit Aufstallungspflicht im Freien besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko, dem durch eine Durchführung der Veranstaltungen in geschlossenen Räumen begegnet wird.
Zu Ziffer I. Nr. 4:
Der Wegfall der aufschiebenden Wirkung wird angeordnet nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung, soweit nicht nach § 37 Satz 1 TierGesG der Wegfall der aufschiebenden Wirkung bereits per Gesetz angeordnet ist.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfordert ein besonderes Vollzugsinteresse, welches über jenes hinausgeht, das den Bescheid rechtfertigt. Es liegt im besonderen öffentlichen Interesse, dass die zur wirksamen Seuchenbekämpfung erforderlichen Maßnahmen ohne zeitlichen Verzug durchgeführt werden können. Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine hochansteckende und leicht übertragbare Tierseuche, deren Ausbruch mit hohen wirtschaftlichen Schäden und weitreichenden Handelsrestriktionen einhergeht. Die Maßnahmen zum Schutz vor der Verschleppung der Seuche müssen daher sofort und ohne eine zeitliche Verzögerung greifen. Es kann nicht abgewartet werden, bis die Rechtmäßigkeit der amtlichen Verfügung zur Prävention der Seucheneinschleppung gerichtlich festgestellt wird. Insofern überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung ein entgegenstehendes privates Interesse an der aufschiebenden Wirkung eines eventuellen Widerspruchs.
Zu Ziffer I. Nr. 5:
Tiergesundheitliche Allgemeinverfügungen dürfen gemäß § 41 Abs. 3 S. 1 LVwVfG öffentlich bekannt gemacht werden, da dies durch § 7 Satz 2 TierGesAG zugelassen ist.
Da nur eine möglichst schnelle Befolgung der angeordneten tiergesundheitsrechtlichen Maßnahmen eine ausreichende Prävention entfaltet, ist es im überwiegenden öffentlichen Interesse erforderlich und angemessen, die Bekanntgabefiktion des § 41 Abs. 4 S. 3 LVwVfG entsprechend § 41 Abs. 4 S. 4 LVwVfG zu verkürzen.
Die öffentliche Bekanntmachung ist gemäß § 41 Abs. 3 S. 2 LVwVfG zulässig und erfolgt entsprechend der Bekanntmachungssatzung des Landkreises auf der Homepage des Landratsamtes unter Bekanntmachungen.
Zu Ziffer I Nr.6:
Die Befristung beruht auf § 36 Abs. 2 Nr. 1 LVwVfG. Danach kann die Allgemeinverfügung mit einer Befristung versehen werden.
Die Befristung wurde nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes festgesetzt.
Durch die Befristung bis einschließlich 31. März 2023 lässt sich die epidemiologische Entwicklung der Geflügelpest beobachten und beurteilen. Bis diese Entwicklung deutlich wird und die Ausbreitung und Entwicklung beurteilt werden kann, ist es aus tierseuchenrechtlichen Gründen erforderlich die betroffenen Betrieben vor einem Eintrag oder einer Verschleppung dieser Tierseuche zu schützen. Auf obige Ausführungen wird ergänzend verwiesen.
Sie ist geeignet um die Entwicklung des Seuchengeschehens zu beobachten und einzuschätzen und die Betriebe entsprechend zu schützen.
Die Befristung ist außerdem erforderlich, da kein milderes Mittel ersichtlich ist. Ein kürzerer Zeitraum für die Befristung ist nicht gleich geeignet, da die Entwicklung nicht gleich gut beurteilt und eingeschätzt werden kann.
Sie ist außerdem angemessen, da die Nachteile für die Betroffenen nicht außer Verhältnis zu den Vorteilen für die Allgemeinheit stehen.
Die Vorteile bestehen in einem wirksamen Schutz vor einer Ausbreitung der Tierseuche und somit auch dem Schutz der Tiere.
Die Nachteile bestehen in einer Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit durch die Vorgaben zur Haltung von Geflügel.
Diese Nachteile müssen jedoch gegenüber dem Schutz der Allgemeinheit und der Tiere vor einer Ausbreitung einer Tierseuche und deren Konsequenzen zurücktreten.
IV. Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach deren Bekanntgabe Widerspruch beim Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald, Stadtstraße 2, 79104 Freiburg, erhoben werden. Die Frist ist auch gewahrt, wenn der Widerspruch beim Regierungspräsidium Freiburg, Kaiser-Joseph-Straße 167, 79098 Freiburg, eingelegt wird.
10.03.2023
Dr. Zimmermann
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